Margit Schreiner – Mobilmachung
Barbara Stoll liest
Margit Schreiner – Mobilmachung
»Jedes Neugeborene lebt vor der Erfindung der Zeit. Ich fühlte bereits nach den ersten paar Zellteilungen, dass etwas Großartiges entstanden war, und wanderte in Form einer winzigen Brombeere zur Gebärmutter, in der ich mich einzunisten gedachte. Ich muss gestehen, dass ich ihre neutrale Liebenswürdigkeit, mit der sie mir ein kuscheliges Plätzchen schuf, der späteren, doch sehr von Launen gesteuerten wirklichen Mutter vorzog.«
Nach Vater. Mutter. Kind. Kriegserklärungen (2021) und Mütter. Väter. Männer. Klassenkämpfe (2022) erkundet die große österreichische Erzählerin Margit Schreiner auf ihre unnachahmliche Weise das Private. Ausgehend von ihren allerersten Lebensjahren in einer kleinbürgerlichen Stadt der Fünfzigerjahre fabuliert die Autorin überaus humorvoll und mit wie immer kritischem Blick auf Geschlechterverhältnisse vom Erleben als Embyro, Säugling und Kleinkind. Sie betreibt dabei keine reine Nabelschau, sondern reflektiert gleichzeitig klug über Menschwerdung und Menschheitsgeschichte.
Auch für dieses Buch gilt, was Anton Thuswaldner in Literatur und Kritik feststellte: »Schreiner ist die Aufmüpfigkeitskönigin der österreichischen Literatur.« Gespannt erwartet man die Fortsetzung des immer turbulenter werdenden Lebens.
Minutiös beschreibt die 1953 geborene österreichische Autorin ihre Menschwerdung vom embryonalen Stadium bis zum Alter von etwa zehn Jahren. Das tut sie mit herbem Humor, feiner Selbstironie und scharfer Beobachtungsgabe. Autobiografisches wandelt sich in den fast als Parallelwelt erscheinenden Erinnerungen zu Fiktionalem. In Barbara Stolls Lesung schwingt die feine Ironie ebenso mit wie große Empathie für das mitunter sehr altklug anmutende Kind.
Mobilmachung – Hörbeispiel
Barbara Stoll liest
Margit Schreiner – Mobilmachung
Über das Private
1 mp3-CD
Spielzeit ca. 200 Minuten
ISBN 978-3-949840-22-7
Empf. VK 22,00€

„Es beruhigte sie, an Boris zu denken. Alles an ihm erschien ihr trocken, nüchtern, er war schnell, effizient, aber nicht ohne Zärtlichkeit. Dass sie eine gute Stunde später hungrig erwachte, deutete sie als ein gutes Zeichen und machte sich bereit, die kommende Fahrt anzutreten.“
„Frankenstein“ von Mary Shelley, im Original „Frankenstein or The Modern Prometheus“, wurde 1818 erstmals anonym veröffentlicht. Damals von der Kritik noch wenig begeistert aufgenommen, erlangte der Stoff später durch Theater und Film Berühmtheit. Heutzutage gilt dieser Bildungsroman der besonderen Art als Pionier der Horrorgenres: Ein junger Wissenschaftler, Herr Doktor Frankenstein, verbindet Alchemie mit modernen Naturwissenschaften und erschafft aus totem Material ein Wesen, das mittels Elektroschocks zum Leben erwacht. Das Angesicht dieses Geschöpfes erschüttert den Schöpfer, der das „Monster“ verstößt, während es sich nur danach sehnt, geliebt zu werden.

»Wir begegnen dir nicht. was wäre landläufig auch schon begegnen?«
„Heute denke ich kaum mehr an die Zukunft. Es kommt eine Zeit, da besteht die einzig sinnvolle Bemühung darin, die Zukunft gänzlich zu vergessen und sich auf das eine zu konzentrieren, das immer da ist: die Gegenwart, die unberechenbare.“